Das erste Gespräch seit dem Lockdown

Zuhörerei: Notiz Nummer 133

«Die Tür war offen, darum habe ich die Karte für die Vernissage nicht einfach in euren Briefkasten geworfen», sage ich zu meiner Nachbarin.

«Schön dich wiederzusehen», sagt sie. «So lange ist es her. Ich habe jetzt die zweite Impfung hinter mir. Sie machte mir hohes Fieber. Willst du mit mir ein bisschen in den Garten sitzen?» Ich winke ab, weil ich denke, dass ich sie störe und weiss, dass sie mit Kontakten wegen der Pandemie sehr vorsichtig ist.

«Ich würde aber mich freuen, wenn du kurz bleibst», sagt die Frau. Also geselle ich mich zu ihr in den Garten. Wir sprechen wie Wasserfälle und schütten einander unsere Herzen aus. Dann schaue ich auf die Uhr: «Uiuiui, schon Mittag, ich muss weiter.»

«Danke, dass du gekommen bist!», sagt die Frau. «Du bist der erste Mensch ausserhalb meiner Familie, mit dem ich seit dem ersten Lockdown ein reales Gespräch geführt habe. Ich hatte solche Angst, weil ich doch Risikopatientin bin. Ich muss das wieder richtig lernen.» «Geht doch wunderbar“ sage ich. „Ich komme bald wieder! Im Garten können wir die Abstände gut wahren».

Lena Estermann, notiert in der Zuhörerei unterwegs.

Zwei farbige Schuhe auf einer Blumenwiese
Im Garten lässt sich der Abstand gut wahren. Eine schöne Möglichkeit, sich trotz der Pandemie miteinander auszutauschen.